Biologische Entwicklung des Menschen im SWAK-Modell:




Die meisten Eigenschaften, die man im Laufe der Zeit für „typisch menschlich“ erklärt hat, haben sich inzwischen als gemeinsames Erbe mit den Schimpansen erwiesen. Sie wurden vor der Trennung der menschlichen Entwicklungslinie von derjenigen der Schimpansen von unseren gemeinsamen Vorfahren entwickelt. Das biologische Erbe des Menschen wird daher von den Gemeinsamkeiten mit den Schimpansen dominiert - rein genetisch ist deren Anteil sogar noch deutlich höher, als in der obigen Darstellung.

Zu den Werfer-Anpassungen gehören die meisten körperlichen Umstellungen im Verlauf der menschlichen Evolution seit der Trennung von der Schimpansen - Linie (aufrechter Gang, Körperproportionen, Handgriff, Rotation des Oberkörpers um die Längsachse, hohe Beweglichkeit im Handgelenk, Robustizität und Schädelform des Homo erectus). Vor allem haben die Werfer-Anpassungen aber zu einer deutlichen Leistungssteigerung des Gehirns bei der motorischen Steuerung und der visuellen Wahrnehmung geführt. Sie sind von entscheidender Bedeutung für die geistige Sonderstellung des Menschen.

Die Sprachentwicklung erfolgte später als die Werfer-Anpassungen und baute teilweise auf diesen auf. Ihre Bedeutung für die menschliche Intelligenz wird deutlich überschätzt. Überragend ist dagegen die Bedeutung der Sprache für das Verhalten moderner Menschen - sie ist das „Medium“ der kulturellen Evolution, die unser Verhalten - allerdings erst seit ca. 70 000 Jahren - dominiert und das „egoistische Gen“ in die Schranken gewiesen hat.

Zu den „Folgeanpassungen“ zählen vor allem die menschlichen Besonderheiten im sexuellen Bereich, wie die ausgeprägte Neigung sich zu verlieben, das fehlende Penisknöchelchen bei Männern, die im Vergleich zu Schimpansenmännchen kleineren Hoden, das Interesse der Männer für permanent vergrösserte Frauenbrüste u.s.w..

Unter „sonstiges“ fallen unter anderem lokale Anpassungsleistungen menschlicher Populationen, wie z.B. der gedrungene Körperbau der Neandertaler. „Sonstigen“ Anpassungsleistungen kommt im SWAK-Modell eine untergeordnete Rolle zu. Insbesondere wird der kulturellen Entwicklung keine entscheidende Bedeutung für die organische Evolution des Menschen zugestanden. Der Gedanke eines „biokulturellen Feedback“, einer positiven Rückkopplung zwischen kultureller und organischer Evolution des Menschen, wird zurückgewiesen.

Abgesehen von einem kleinen Detail stimme ich Richard Dawkins´s oben zitierten Überlegungen zur kulturellen Evolution zu. Das Detail: - wir stehen nicht am Beginn der “Machtübernahme” durch die kulturelle Evolution. Diese hat bereits statt gefunden - vor ca. 70 000 Jahren irgendwo in Afrika. Die Vormacht der kulturellen Evolution ist das entscheidende Merkmal des modernen Verhaltens moderner Menschen.

Damit wäre der Mensch (genauer: das menschliche Verhalten) aus evolutionstheoretischer Sicht einzigartig - ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Es ist geradezu ein Dogma unter Evolutionstheoretikern die “anthropozentrische” Idee einer menschlichen Sonderstellung zurück zu weisen. Aber Dogmen haben in den Naturwissenschaften nun einmal nichts verloren ...                                                                                                                                                          

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